Vorgeschichte
Im Sommer 1996 entdeckten wir am Ende eines im Autoatlas eingezeichneten
Anschlußgleises ein ungenutztes Armeegelände, welches uns als
neues Domizil geeignet erschien. Nach einigem Suchen wurde auch der Verwalter,
das Bundesvermögensamt, gefunden. Dort stellten wir einen Antrag auf
Übernahme der Liegenschaft. Von Anfang an wurde uns Hoffnung gemacht,
daß wir das Gelände wirklich bekommen können, da sich bis
dahin keine andere sinnvolle Nutzung andeutete. Als Alternative kam nur
der Aufschluß eines Sandsteinbruches oder die Rekultivierung in Frage,
wobei Ersteres nicht zustande kam und Zweites sehr teuer und ohne weiteren
Nutzen gewesen wäre.
Jedoch dauerte es fast zwei Jahre, bis wir mit der Arbeit in der Herrenleite
beginnen konnten. In dieser Zeit wurde der Elekroanschluß rückgebaut,
da der installierte 630 kVA-Trafo im Leerlauf zuviel Verlust verursachte.
Außerdem wurden fast alle Fenster Opfer von randalierenden Jugendlichen
und diverse Materialien Opfer von örtlichen Bauaktiven. Die Schäden
an Gebäuden durch Witterung halten sich in den meisten Fällen
noch in Grenzen, mindestens zwei sind aber nach der Zerstörung der
Dächer abrißreif.
Im Juni 1998 begannen wir mit ersten Sicherungsarbeiten im Gelände.
Gleichzeitig wurde vor allem der alte Lagerplatz von der Deponie Langebrücker
Straße umgelagert. Nach der Kündigung des alten Vereinsgeländes
begannen wir intensiv mit der Herrichtung von Gebäuden und dem Umlagern
der Sammlung aus Klotzsche.
Beschreibung des Geländes
Das ehemalige Mineralölwerk Herrenleite befindet sich zwischen
Pirna-Copitz und Dorf Wehlen in einem Seitental. Schon sehr früh gab
es hier Steinbrüche, die einen hochwertigen Sandstein lieferten. Um
die Transportmöglichkeiten zu verbessern, bauten die Königlich
Sächsischen Staatseisenbahnen in den Jahren 1906/07 eine nur dem Güterverkehr
dienende regelspurige Eisenbahnstrecke von Copitz (an der Strecke Pirna-Dürrröhrsdorf)
in die Herrenleite. Zahlreiche Bruchwände zeugen noch heute von der
intensiven Sandsteingewinnung der vergangenen Jahrzehnte.
Zum Ende des zweiten Weltkrieges wurde das Tal wegen seiner Abgelegenheit
für militärische Zwecke interessant. In wenigen Monaten wurde
eine Benzindestillation aufgebaut, welche später in Stollenanlagen
verlagert werden sollte. Das Tal blieb der allierten Luftaufklärung
wahrscheinlich verborgen, es wurde jedenfalls nicht bombadiert. Die Stollen
waren zum Kriegsende nur teilweise fertiggestellt, eine Produktion kam
hier nicht mehr zustande. Zahlreiche Gerüchte ranken sich um diese
Zeit, deren Wahrheitsgehalt darf aber über weite Strecken bezweifelt
werden.
Die Benzinproduktion lief nach Kriegsende bis etwa 1963 erst unter
sowjetischer Verwaltung, dann als VEB weiter, erst mit der Inbetriebnahme
des Petrolchemischen Kombinates in Schwedt/Oder (heute PCK AG) konnte darauf
verzichtet werden. Die Qualität des Benzins war eher erbärmlich,
die umgangssprachliche Bezeichnung "Herrenleite Klingelwasser" spricht
Bände. Nach der Einstellung der Benzinproduktion ging der Betrieb
an die Nationale Volksarmee (NVA). Jetzt wurden vor allem Frostschutzmittel
(Glysantin) destilliert und Tankwagen repariert. Mit dem ebenfalls in der
Herrenleite in den achtziger Jahren entstandenen unterirdischen Depot der
NVA hat unser Gelände nichts zu tun. Spätestens mit dem Bau dieses
Depots war das gesamte Tal für den normalsterblichen Bürger strenstens
tabu.
Im Jahre 1995 gab dann die Bundeswehr das Mineralölwerk auf und
sanierte die Altlasten. Auf dem Gelände befinden sich eine Reihe von
Gebäuden, welche für unsere Zwecke z. T. recht gut geeignet sind.
Insgesamt ist in verschiedenen Räumen genügend Fläche vorhanden,
um alle wesentlichen Fahrzeuge (Loks, witterungsgefährdete Wagen)
gesichert abzustellen. Es ist aber noch sehr viel Arbeit erforderlich,
um die Räume vandalismusresistent herzurichten, alle Dächer abzudichten
und Gleisanbindungen zu bauen.
Eine ausführliche Darstellung der Geschichte ist hier (Vorsicht vor dem Link "Picasa herunterladen"!
Das Programm installiert sich und lädt ohne Nachfragen alle
gefundenen Bild- und Videodateien hoch!) von Dieter Kosin beschrieben.
Aufbau eines Feldbahnmuseums
Das Areal hat eine Fläche von etwa sechs Hektar, wobei aber wegen der topografischen Verhältnisse nur ein Drittel für uns nutzbar ist. Neben der Unterbringung der Fahrzeuge gibt es genügend Platz, um feldbahntypische Szenen nachzuempfinden und entsprechende Technologien zu demonstrieren. So soll es z. B. die Möglichkeit geben, Muldenkipperzüge zu beladen und wieder zu verkippen. Dazu wäre die Beschaffung eines typischen Baggers (Eimerkette, UB 80, ...) wünschenswert, ist aber in der derzeitigen Situation nicht machbar. Allerdings würden auch die vorhandenen Mobilbagger T 174 diese Aufgabe erfüllen. Naheliegend wegen der Lage des Geländes ist auch die Demonstration von Steinbruchsituationen. Beispielweise sind am Rand unseres Geländes die Reste eines kurzen Bremsberges erhalten, entsprechende Fahrzeuge sind in unserer Sammlung vorhanden. Langfristig geplant ist auch ein elektrischer Fahrbetrieb mit unseren Elektroloks. Allerdings ist die Einrichtung eines Museums erst mittel- bis langfristig möglich, nachdem die Grundlagen für die Unterbringung der Fahrzeuge geschaffen wurden.
Stand der Arbeiten
Seit Anfang 1999 arbeiten wir intensiv an der Sicherung von Gebäuden
und der Beseitigung von Schäden. Als erstes wurde die ehemalige Feuerwehrgarage
zur Unterbringung des Baggers (Theo I) und von Baumaterial gesichert. Danach
installierten wir im ehemaligen Traforaum ein Dieselaggregat. Nach der
Kontrolle der Verteilung, der Abtrennung aller anderer Kabel und der Überprüfung
der E-Anlage in der Garage geht der Strom nun seinen alten Weg, was schon
eine gewaltige Vereinfachung der Arbeit darstellt. Vorher mußte das
Aggregat mit Hilfe des Theos (meist im Dunklen) nach Betriebsschluß
in die Garage bugsiert werden. Das unerwartete Geschenk einer Regelspurlok
(N 4, Lok 89) im Februar 1999 zwang uns zur kurzfristigen Sicherung des
alten Werklokschuppens. Kompliziert war vor allem die Reparatur des von
der Bundeswehrlok vollkommen zerdrückten Blechtores. Weiterer positiver
Nebeneffekt war der Zugewinn dringend benötigter Lagerkapazität.
Nach der Sicherung eines kleinen Anbaus an die "Theogarage" als Baumateriallager
und zweier weiterer Räume im alten Trafohaus wandten wir uns unserem
bisher umfangreichsten Projekt zu. Die Nutzbarmachung des Werkstattgebäudes
mit etwa 300 m2 Fläche bildet die
Grundlage für die weitere Arbeit. Hier sind neben Werkstattkapazitäten
auch vorläufige Stellplätze für fast alle richtig großen
Loks, Lagerräume für Werkzeug, Normteile und Ersatzteile und
ein Aufenthaltsraum enthalten. Die Arbeiten umfaßten neben einem
massiven Verschluß der Tore, dem Bau von Fensterläden und dem
Zumauern verschiedener Öffnungen vor allem die Instandsetzung und
Anpassung der arg lädierten E-Anlage und das Vorrichten der einzelnen
Räume. Bis auf Restarbeiten und die noch anstehende Installation einer
Wasseranlage konnte das Projekt im Herbst 99 abgeschlossen werden. Ein
Teil der großen Lokomotiven (V10C, Ns3, UNIO, El6, Gmeinder 50 PS)
steht seit November 99 in der Werkstatt, solange bis andere Unterbringungsmöglichkeiten
zur Verfügung stehen. Auch der Bagger wurde hierher umgesetzt, um
die Theogarage vorläufig für Loks (7 Ns2f und eine Jung ZL130)
nutzen zu können.
Weiterhin wurde ein großer Teil eines langgestreckten Gebäudes
als Lager (insgesamt etwa 200 m2) verschließbar
gemacht. Hier steht bis Herbst 2000 die weitere Sanierung des vollkommen
maroden Daches an. Dafür sind wir noch auf der Suche nach kleinen
und großen Mengen Wellblech. Einen Teil der Fläche konnten wir
schon vor dem Winter mit Aluminiumwellblech von alten Garagen des Typs
"Nachterstedt" belegen. Wenn also jemand
in der Umgebung von Dresden eine solche Garage abreißen möchte
würden wir uns über einen Tip sehr freuen!
Das nächste Großprojekt war die Sicherung von Teilen des
alten Kesselhauses. Hier entstanden zwei große Räume mit 35
und 150 m2 Grundfläche. Beide Räume
dienen mittlerweile der Unterbringung von insgesamt knapp 40 kleinen und
mittelgroßen Lokomotiven. Auch hier geht es bisher nur um eine Einlagerung
mit möglichst dichtester Packung, so daß im Augenblick praktisch
keine Besichtigungen möglich sind. Auch dieser Teil ist weitgehend
abgeschlossen, die letzten zehn Loks werden in den nächsten Wochen
eingelagert.
Im Augenblick läuft die Nutzbarmachung eines langen Ganges neben
der Werkstatt zur Unterbringung des restlichen Lokomotiven. Hier sollen
eine Anzahl betriebsfähiger kleiner Dieselloks, die Akkuloks und die
Personenwagen untergebracht werden. Gleichzeitig ist eine Anbindung an
das vorhandene Vorführgleis geplant. Desweiteren werden noch einzelne
Lagerräume erschlossen, verschiedene Dächer abgedichtet und die
Elektroinstallation vervollständigt..
Nächste Schritte
Wesentliche Aufgabe ist die fristgerechte Umlagerung der Sammlung. Dabei
warten derzeit (09/00) noch über 25 Loks und 50 Wagen sowie etliche
Tonnen Ersatzteile, Werkzeug und anderes Material sowie fast die komplette
Klotzscher Gleisanlage auf den Abtransport. Eine unschätzbare Hilfe
ist dabei die Unterstützung durch die Heinrich
Schwertransporte GmbH. Es ist mittlerweile absehbar, daß der
Umzug im wesentlichen bis Ende 2000 zu schaffen ist, auch wenn es für
alle Beteiligten eine sehr große Belastung ist, muß doch die
Vereinstätigkeit neben des hauptberuflichen Beschäftigung erfolgen.
Einige Vereinsmitglieder sind in manchen Wochen Mittwoch, Freitag (Verladen
Klotzsche), Sonnabend (Herrenleite) und Sonntag (Vorbereitung Klotzsche)
für den Verein unterwegs! Aber nur so ist die Situation zu bewältigen.
Für die Zukunft stehen der Ausbau eines einzeln stehenden Hauses
(alte Mannschaftsunterkunft) zum Vereinsheim mit besseren sozialen Bedingungen
und der Umbau eines derzeit einseitig offenen, etwa 300 m2
großen Gebäudes zu einer museumsgerechten Ausstellungshalle
für die bis dahin im Werkstattgebäude stehenden großen
Lokomotiven. Beides werden wir aber wahrscheinlich erst nach Beendigung
des Umzuges, also nach 2000, in Angriff nehmen können. Gleichzeitig
würde dann der Bau von Gleisanlagen beginnen. Später folgt der
Ausbau der restlichen Heizhauses für die 500 mm-Fahrzeuge, der Ausbau
des alten Steinbruchhauses zu Ausstellungsräumen und Umbau einer Baracke
zum Wagenschuppen. Langfristig ist auch die Übernahme und Umspurung
der alten Anschlußbahn nach Pirna-Copitz denkbar. Die Fertigstellung
des Komplexes wird wohl viele Jahre erfordern, erste Ergebnisse sind aber
jetzt schon zu sehen.
Tag der offenen Tür
Vor allem zur Vorstellung des Projektes bei den Anliegern hanen wir
am Pfingstsonntag (11. Juni 2000) einen ersten Tag der offenen Tür
auf dem neuen Gelände durchgeführt. Da wir bisher ausschließlich
mit der reinen Umlagerung
unserer Sammlung beschäftigt sind, konnten wir dort nur einige
wenige Fahrzeuge ausstellen. Auf einer 150 m langen Strecke
ähnlich der transportablen Anlage wurde ein einfacher Fahrbetrieb
durchgeführt. Auch die Regelspurlok N4 wurde dem
Publikum vorgestellt.
Das Interesse der örtlichen Bevölkerung war überwältigend,
trotz des heißen Wetters kamen etwa 800 Besucher. Am
Vormittag war das Areal weitgehend zugeparkt, so daß wir sogar
Teile der Regelspurgleise als Parkflächen ausweisen
mußten. Die Reaktionen des Publikums waren durchweg positiv,
es kam sogar die Frage auf, ob das nun jede Woche offen
hat. So etwas läßt wirklich für die Zukunft hoffen.
Wegen des Umzugs und der deshalb angespannten Situation werden wir
allerdings in diesem Jahr auf weitere Veranstaltungen verzichten. 2001
wird es im Frühjahr wieder einen Tag (oder eher ein
Wochenende) der offenen Tür geben, über den Termin werden
wir rechtzeitig informieren.
Erstellt am: 20.8.1999 Geändert
am: 01.09.2000 Von: Marian Sommer
(c) HFD e.V.